Kakao, Schokolade und fairer Handel – über die kurzen und langen Wege unserer Nervennahrung
27. April 2019
Marlene Haas
Ich brauche dringend Nervennahrung. Schokolade. Todesfälle, Bahnverspätung, mir reicht’s… Was für ein Tag! Ich laufe nach der Arbeit immer an einem Kiosk vorbei. Soll ich gleich hier einen konventionellen Riegel kaufen oder lieber zu dem kleinen Laden gehen, der Bioschokolade anbietet? Der Kakao kommt ja wahrscheinlich bei allen Tafeln aus Südamerika oder Afrika. Oder gibt es Möglichkeiten, die Wege des Kakaos zu reduzieren oder nachhaltiger zu gestalten? Man hört ja immer von den vielen Emissionen bei Frachten. Mit dem Segelschiff wird er ja wohl nicht nach Europa gebracht werden, oder?
Wusstest Du…?
Woher kommt Kakao?
• Es gibt verschiedene Anbaumethoden für Kakao. Die für den Klimawandel schädlichste Variante ist die der Monokulturen. Monokulturen sind zwar aus rein ökonomischer Sicht kurzfristig profitabler, da das Säen, Pflegen und Ernten leichter und effizienter ist. Ökologisch sieht das anders aus: Der Einsatz von Pestiziden und Dünger wird notwendig, da Monokulturen in der Umwelt nicht natürlich vorkommen und somit viel anfälliger für Krankheiten und Ungeziefer. Der natürliche Schutz geht verloren und dem Boden werden einseitig Nährstoffe entzogen. Außerdem werden für den Anbau von Kakaopflanzen in Monokulturen große Teile vom Regenwald abgebrannt.
• Oft nutzt konventionelle Schokolade Kakao von Kakaobauern, die sehr wenig Lohn bekommen und dadurch in Armut leben. Kinderarbeit ist keine Seltenheit. Allerdings gibt es viele Nachhaltigkeitsinitiativen von großen Unternehmen, die versuchen, den Lebensstandard der Kakaobauern und deren Familien zu verbessern. Denn auch sie haben erkannt, dass ohne nachhaltige Bewirtschaftung zukünftig kein Kakao mehr angebaut werden kann. Die Bedingungen dieser Initiativen sind sehr unterschiedlich und genau zu durchleuchten.
• Nicht nur die Arbeitsbedingungen vor Ort für die Bauern sind besorgniserregend, sondern auch die Auswirkungen auf den Klimawandel: Rodungen für den Kakaoanbau sind Gang und Gäbe. Kakaoplantagen sind oft gerodete Regenwaldflächen. Einige Jahre können dort Kakaopflanzen in Monokulturen wachsen. Danach ist die Fläche nicht mehr fruchtbar genug und es werden weitere Regenwaldflächen gerodet. Wofür brauchen wir denn eigentlich den Regenwald? Der Regenwald ist die Klimaanlage für die Erde. Die vielen Pflanzen können Kohlenstoff speichern. So gelangt dieser nicht in die Erdatmosphäre. Durch die Rodung großer Flächen des Regenwaldes wird Kohlenstoffdioxid frei. Das beschleunigt den Klimawandel extrem.
• Der Klimawandel wird also durch das Roden von Regenwaldflächen für den Kakaoanbau beschleunigt und begünstigt. Auch die Kakaobauern spüren die veränderten Klimabedingungen: Eine Studie des Centro International de Agricultura Tropical kündigt an, dass bis 2030 viele Regionen nicht mehr für den Kakaoanbau geeignet sind (Enorm, Ausgabe 01 Feb./Mär „Wer rettet den Kakao“, S. 33).
• Der Anbau von Kakao und die dortigen Bedingungen sind die eine Sache, die andere Sache ist der weite Weg nach Europa und Deutschland. Hauptsächlich wird der Kakao aus den tropischen Regenwäldern über die Weltmeere per Containerschiff nach Deutschland gefrachtet. Mittlerweile gibt es Unternehmen, die das emissionsfreie Transportmittel Segelschiff nutzen, z.B.: https://fairtransport.eu
• Weitere Infos zum Transport und Innovationen findest Du auch in unserer Kaffee-Story, klicke https://frankfurtnachhaltig.de/ueber-wege-und-nachhaltigkeit-von-kaffee-und-tasse/
Woher kommt Zucker?
• Zuckerrohr wächst nur in subtropischen und tropischen Gebieten der Erde. Außerdem benötigt Zuckerrohr sehr viel Wasser.
• Einige Schokoladenhersteller nutzen statt Zucker aus Zuckerrüben. Zuckerrüben werden in auch Europa angebaut, da sie keine tropischen Klimabedingungen benötigen. Dadurch können Wegen gespart werden.
• Wenn man Schokolade selbst machen möchte, kann man auch auf den regionalen Honig zurückgreifen oder eben Zuckerrübensirup, um Wege zu sparen. Mehr Tipps findest Du hier...
Unsere Unternehmensinterviews über die Wege von Pralinen, Schokolade & mehr:
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Zum Interview mit Dr. Frauke Fischer von PERÚ PURO.
„Wer Schokolade isst, hat sich für die langen Wege entschieden.“ Frauke Fischer erzählt mir, dass Wege innerhalb von Deutschland gespart werden können – trotz der langen Handelswege von Kakao. Dafür nimmt PERÚ PURO sogar höhere Preise in Kauf.
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Zum Interview mit Michael Kitz von Michis Schokoatelier im Frankfurter Sandweg
Ein ganz schön weiter Weg von Paraguay nach Deutschland, denke ich mir und frage, ob man für die Herstellung von Schokolade auch Zuckeralternativen – wie zum Beispiel Honig oder Agavendicksaft – verwenden könnte. Michi erklärt mir, dass das leider nicht so einfach geht, denn Honig ist sehr feucht und deswegen gerade für Schokolade überhaupt nicht geeignet. Aber nicht nur die Hauptzutaten verwendet Michi bei der Herstellung seiner Schokolade. (…) Auch Nüsse und andere Leckereien sind auf der Schokolade zu finden. Ich frage Michi, woher denn diese Zutaten kommen. (…) Bei der Herkunft der Nüsse staune ich nicht schlecht, als Michi mir erzählt, dass er Walnüsse aus seinem eigenen Waldgrundstück benutzt.
Weiterführende Informationen
Schoki ohne schlechtes Gewissen?
Konventionelle Schokolade ist sowohl aus sozialer als auch aus ökologischer Sicht je nach Produzent nicht die sinnvollste Süßigkeit. Aber auf was man dennoch achten kann, um Schokolade ohne schlechtes Gewissen genießen zu können, kannst Du bei wastelandrebel lesen. > hier entlang <
Wer's lieber mag... ein Filmchen
Der lange Weg der Schokolade von Galileo recherchiert:
Schokolade essen und Bäume pflanzen
Es gibt eine Schokolade, mit der man das Pflanzen von Bäumen unterstützt. Übrigens initiiert von einer NGO, plant for the planet, die Kinderakademien für den Klimaschutz veranstaltet, wie vor zwei Jahren auch bei uns in Frankfurt. Erinnert Dich an #fridaysforfuture? Uns auch. Deshalb freut es uns, dass die beiden Initiativen auch kooperieren. > mehr lesen & die gute Schokolade finden – vielleicht ja bald als Frankfurt-Edition? <
Informieren. Bewusst entscheiden. Wohlfühlen.
Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und die uns zur Verfügung gestellten Informationen aufgearbeitet. Dennoch wissen wir, dass es womöglich Fakten gibt, auf die wir in unseren Recherchen nicht gestoßen sind. Daher bitten wir Euch: Wenn Ihr etwas Ergänzendes wisst, meldet Euch. Wir nehmen es gerne mit auf. Zudem können die Geschichten werbenden Inhaltes sein, da sie auf Betriebe hinweisen. Dies soll den Leser und die Leserin nicht beeinflussen, sondern die notwendigen Informationen über Lieferkette und Wege der Produkte aus „Praxissicht“ bieten, vor allem aber um an Informationen über Spannungsfelder und Konflikte zu kommen, die wir hier im Sinne einer Verbraucherbildung aufgearbeitet haben.
Marlene führt gemeinsam mit Alexandra die Geschäfte der Lust auf besser leben gGmbH, die sie 2014 gegründet hat. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind nachhaltige Quartiers- und Regionalentwicklung sowie die Konzeption und Umsetzung von innovativen Projekten, Kampagnen und Events.
Unsere lebenslustige Powerfrau Marlene liebt das Netzwerken ebenso wie die kreative Entwicklung neuer Konzepte. Ob analog oder im Social Web: Hauptsache sie erreichen und begeistern Verbraucher:innen und andere Zielgruppen für Nachhaltigkeit.
Die Arbeit mit Kleinunternehmen und deren Förderung im Bereich nachhaltiges Wirtschaften sind seit 2014 ihre besonderen Anliegen – damals wurde sie zur jüngsten (ehrenamtlichen) Vizepräsidentin Deutschlands in der IHK Frankfurt am Main gewählt und baute das dortige Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit auf. Mit Lust auf besser leben als „good Lobby“ zu agieren oder über knackige Texte die Öffentlichkeit für Nachhaltigkeitsziele zu begeistern ist mittlerweile das Steckenpferd der frisch gebackenen Mutter.
Als gelernte Veranstaltungskauffrau scheut sie sich nicht anzupacken. Die Denke „Das haben wir schon immer so gemacht!“ ist ihr völlig fremd, sie handelt gerne unkonventionell – und liebt gleichwohl die beinahe diktatorische Nutzung von Ablagesystemen und Aufgaben-Tools. Des Weiteren ist sie ehrenamtliche Aufsichtsrätin der OEKOGENO SWH eG, Steuerungsgruppenmitglied bei Fairtrade-Stadt Frankfurt und Rhein.Main.Fair. sowie im Beirat des kommunalen BNE-Vereins Umweltlernen Frankfurt e.V. und im Expert*Board des Zero Waste Labs der FES.