Miteinander, füreinander, ohneeinander, aneinander vorbei? Team Insights 2021-10

VERÖFFENTLICHT

13. Mai 2021

ÜBER DEN AUTOR
Alexandra
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Neulich bei der Lust auf besser Leben gGmbH …

Miteinander, füreinander, ohneeinander, aneinander vorbei? Wie Corona unsere Unternehmenskultur beeinflusst.

Beim Schreiben dieses Beitrags sitze ich zuhause am Esstisch. Der Laptop ist aufgeklappt, nachher räume ich alles wieder weg, damit der Tisch seinem eigentlichen Zweck dienen kann. Obwohl wir mittlerweile ein Team von neun Leuten sind, ist das Büro fast immer leer. Dass ich im Büro wirklich arbeite, ist unüblich. Seit über einem Jahr komme ich nur noch selten in die Löwengasse, hauptsächlich, um nach der Post zu schauen oder die Pflanzen zu gießen (ehrlich, Marlene, ich gebe mir Mühe mit den Pflanzen 🙂 ). Wenn eh alle im Homeoffice sind, dann ist es auch für mich egal, ob ich zuhause auf dem Sofa oder im Büro vor meinem Laptop sitze. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch vor Corona schon sehr gerne zuhause gearbeitet. Zuhause habe ich viel mehr Flexibilität für meine Zeiteinteilung, ich kann mich zwischendurch um die Kinder kümmern, den Spaziergang mit dem Hund wetterabhängig kürzer oder länger gestalten. Ich bin jemand, der an manchen Tagen lieber das schöne Wetter mit der Familie genießt und die Arbeit in die Nacht- oder frühen Morgenstunden verschiebt. Und was das Homeoffice und die Videokonferenzen an Wegezeiten sparen! Unglaublich. Das empfinde ich als absoluten Luxus des flexiblen Arbeitens.


Funktion des Büros?

Bei all der Flexibilität und Effizienz haben wir teilweise nicht bemerkt, was uns durch die Distanz durch die Lappen geht. Manche Dinge vermisst man eben erst, wenn sie nicht mehr da sind (hallo Kulturszene!!). Bei diesen Überlegungen habe ich mir die Frage gestellt, was eigentlich die Funktion und der Mehrwert des Arbeitens im Büro ist. Wenn es keine nennenswerten Vorteile gäbe, dann könnten wir ja vielleicht auch ohne Corona das dezentrale Arbeiten als Standard definieren und uns nur noch punktuell ab und zu treffen… Also, was ist es, was wir seit 14 Monaten (!) nicht mehr haben?

Struktur, Unterstützung, Zwischenmenschlichkeit

Zum einen bietet das Büro natürlich eine Struktur für die Differenzierung zwischen Arbeit und Privatleben. Für manche in unserem Team ist diese sichtbare und spürbare Trennung sehr wichtig. Marlene kann zum Beispiel grundsätzlich viel besser im Büro arbeiten. Ich selbst empfinde feste Arbeitszeiten an einem festen Ort eher als Einengung. Aber unabhängig von individuellen Präferenzen: Das Fehlen dieser Struktur hat zur Folge, dass wir alle mehr Eigenverantwortung für unsere persönliche Ausgeglichenheit tragen. Wir haben gemerkt, dass Homeoffice gerade bei unserem Team dazu verleitet, mehr und mehr und noch mehr zu arbeiten. Die Überstunden sind anfangs in die Höhe geschossen. Zum Glück haben wir gemerkt, dass das nicht gesund und nachhaltig ist. Deshalb haben wir mittlerweile feste Abstimmungen zu Kapazitätenplanungen eingeführt, um Engpässe rechtzeitig zu erkennen und um die wechselseitige Unterstützung im Team bei solchen Engpässen zu ermöglichen. Funktioniert das immer reibungslos? Nein, natürlich nicht, aber eigentlich schon ganz gut. Und da merkt man einfach, wie cool das ganze Team ist, denn da werden Aufgaben wie selbstverständlich untereinander aufgeteilt, einfach weil alle dazu beitragen wollen, dass das große Ganze funktioniert.

Aber es dreht sich ja auch nicht immer alles nur um Engpässe und Arbeit. Was mir schmerzlich fehlt, ist das Zwischenmenschliche. Der Blick über die Schreibtische hinweg, bei denen man spürt, was Sache ist. Die Kaffeepause, bei der man sich darüber austauscht, wie es einem wirklich gerade geht. Knallende Sektkorken, wenn man Freude teilen will. Das Gefühl dafür, wann jemand gerade Entlastung brauchen könnte, weil … die Kitaschließung eine unfassbare Herausforderung für berufstätige Eltern ist, weil Erkrankungen und Todesfälle in der Familie eine emotionale Belastung sind, weil Quarantäne mit Kind schlicht und ergreifend anstrengend ist, weil … da gibt es so viele Gründe. Und wir sind nicht nah beieinander, um zuverlässig empathisch reagieren zu können. Das ist ein Zustand, an dem wir dringend etwas ändern müssen. Denn eins ist klar: Unser Team besteht aus wirklich ganz wunderbaren Menschen, die mit Herzblut ihre Arbeit machen, immer versuchen, allen gerecht zu werden (inklusive Kindern, Partner:innen, Hunden, Katzen, Mäusen), und es verdient haben, dass auch ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden.


Bis wir uns wieder (oder erstmalig???) im Büro treffen können, versuchen wir, mit Wohlwollen und geschärften Antennen aufeinander zu achten und uns selbst darin zu üben, Bedürfnisse zu artikulieren. Nicht immer einfach, wenn man selbst an seinen eigenen Grenzen ist, aber solch eine lohnende Investition.

Work in progress.

Eure Alex

 

Alexandra
Author: Alexandra

Alexandra ist unser analytisches Ass und erfasst schnell das große Ganze mit allen komplexen Schnittstellen. Dabei versorgt uns die herzliche Frohnatur immer mit frischen und pragmatischen Ideen. Ihren beruflichen Alltag managt die Mutter von zwei Kindern und dem süßesten Hund der Welt mit einem ausgeklügelten Aufgabenmanagement und viel Humor.

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