Lebensphilosophie – Work Life Family Quality Friendship Partnership Purpose Happiness – Und Liebeserklärungen.

VERÖFFENTLICHT

25. August 2022

ÜBER DEN AUTOR
Alexandra
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Wie möchte ich leben und was hat das mit Lust auf besser leben zu tun?

 

In den letzten Wochen habe ich einen Testballon gestartet. Ich wollte den August mal wirklich mit Erholung verbringen. Den kompletten August. Whaaaat? Ein Monat Urlaub? Kann sich kein Mensch leisten! Mmh, doch. Muss gehen. Die letzten Monate waren wirklich anstrengend und ich war Ende Juli am Rande meiner Kräfte. Mein Plan: Vier Wochen raus, weg. Davon zwei mit eher mehr Arbeit (ohne Kinder) und zwei mit eher wenig Arbeit (mit Kindern). Jetzt ist gerade Bergfest, also Bestandsaufnahme.

 

Ich bin verreist, Tapetenwechsel, wunderschöne Landschaften, gemeinsam mit dem Hund und meiner besseren Hälfte. Dabei wollten wir aber keinen klassischen Urlaub machen, bei dem die Arbeit tabu ist, sondern wir wollten auch arbeiten. Den Tag gemütlich einläuten, tagsüber Konzepte, Gutachten, Rechnungen, E-Mails und Angebote schreiben, telefonieren, am späten Nachmittag spazieren oder einen Tagesausflug starten, abends gemeinsam essen. Für mich eine herrliche Idee. Jetzt, nach zwei Wochen, kann ich sagen: Es war fantastisch! Ich fühle mich wirklich erholt und ich habe die Zeit und vor allem die Muße für viele Dinge gefunden, zu denen ich im Büro nicht komme. Warum machen wir das nicht öfter?

 

„Ich bin in der Steiermark.“ „Oh, dann möchte ich Sie gar nicht lange stören!“

 

Wenn ich während dieser Zeit mit Kund:innen telefoniert habe, kam eigentlich immer die gleiche Reaktion: „Entschuldigung, dann möchte ich nicht stören.“ Dabei stört niemand. Wenn ich nicht gestört werden möchte, dann mache ich das Telefon aus.

 

Nachdem mir das gleiche Gespräch 4x passiert ist, bin ich ins Grübeln gekommen. Ist etwas falsch daran, dass ich im Urlaub arbeite? Ist das kein Urlaub? Wie empfindet es meine Familie, wenn ich unterwegs arbeite? Ein Kooperationspartner sagte bei einer Videokonferenz: „Das ist doch dieses ‚New Work‘? Ich bin hier bei meiner ‚Old Work‘.“ Mit Begriffen habe ich es nicht so, denn mir geht es meist eher um die Bedeutung dahinter, und meine Erfahrung ist, dass Leute oft das Gleiche hinter unterschiedlichen Begriffen oder etwas anderes unter dem gleichen Begriff verstehen. Kürzlich diskutierten wir über den Begriff „Familie“. Wow, was gibt es da unterschiedliche Interpretationen. Wovon rede ich also heute eigentlich?

 

Bei manchen heißt es „New Work“, bei anderen „Mobile Office“, „Worcation“, manchmal „Work-Life-Balance“ oder doch eher „Work-Life-Integration“? Egal, die Idee zählt.

 

Für mich ist es eher die Frage, wie ich mein Leben verbringen möchte. Mir geht es um Prinzipien, die sowohl für mein berufliches als auch für mein Privatleben identisch sind. Ich habe ja auch nur ein Leben, habe meine Werte und Gefühle als ein und derselbe Mensch, unabhängig davon, ob es beruflich oder privat ist. Warum sollte ich da also unterscheiden? Und in den letzten Jahren haben sich dabei für mich ein paar Dinge rauskristallisiert, die auf eine Erkenntnis hinauslaufen: Ich möchte mich nicht entscheiden müssen, kein „Entweder-Oder“, sondern „Sowohl-Als auch“. Ich weiß, viele sagen, das ginge nicht. Ok, vielleicht geht es nicht immer. Trade-Offs und Zielkonflikte gehören zum Leben. Aber „Sowohl-Als auch“ hat sich für mich als Leitidee herauskristallisiert, die ich bei der Gestaltung meines Lebenskorsetts immer wieder bemühe. Wenn es in einer konkreten Situation einen Interessenskonflikt gibt, dann ist für mich kurzfristig die Frage, ob ich mich gezwungenermaßen für A oder B entscheide, aber ich möchte nie den Blick dafür verlieren, dass ich eigentlich den Rahmen schaffen möchte, um C zu ermöglichen. So wie vier Wochen Auszeit, die weder zu Lasten der Familie noch der Arbeit gehen.

 

Konkret heißt das für mich:

  • Ich möchte morgens aufstehen und mich auf den Tag freuen. Egal, ob ich Projekte, Ausschlafen, Zeit mit Familie oder Freunden plane – ich möchte Bock drauf haben. Als ob ich mich jeden Tag aktiv erneut dafür entscheide, für die Menschen und für die Aufgaben, weil es sich für mich im Hier und Jetzt richtig anfühlt. Klar müssen auch mal Dinge sein, auf die ich nicht so Bock habe, aber das Leben sollte nicht nur daraus bestehen. Sonst muss ich was ändern. In meinem Umfeld erlebe ich es (zu) oft, dass die Arbeit als ätzende Pflicht empfunden wird, die notwendig ist, um privat Spaß haben zu können. Und (zu) oft sehe ich Menschen, die zusammenbleiben, obwohl sie zusammen nicht glücklich sind. Ich würde wie eine Primel eingehen.
  • Ich möchte mit meinem Leben eine positive Wirkung für unsere Gesellschaft erzeugen, sowohl beruflich als auch privat. Die SDG als Leitplanken für berufliche und private Entscheidungen empfinde ich dafür als gute Orientierung. Wobei es mir um möglichst viel Fortschritt im Vergleich zum Status quo geht und nicht um Selbstkasteiung. Lust auf ein besseres Leben kann langfristig nur durch Mehrwert (nicht im Sinne von Geld!) und funktionierende Rahmenbedingungen gelingen – nicht durch Forderungen nach individuellem Verzicht. Davon bin ich tief überzeugt, spätestens seit meiner Ausbildung bei Karl Homann und Ingo Pies, die mir mehr Inspiration und Richtung für mein Leben gegeben haben als sie sich vorstellen können.
  • Ich möchte mein Leben aktiv gestalten und nicht (nur) von den Entscheidungen anderer Menschen abhängig sein. Klar ist es auch wichtig, auf die Bedürfnisse der Menschen in meinem Umfeld Rücksicht zu nehmen. Ohne Miteinander kann kein System funktionieren, egal ob in der privaten Familie oder in unserer Firmenfamilie. Aber wenn ich keine Meinungen entwickle, dann kann ich keine aktiven Entscheidungen treffen – und dann zieht das Leben an mir vorbei. Dafür ist mir jeder Tag zu kostbar. Seitdem ich das für mich klar verstanden habe, ist interessanterweise auch die Kommunikation mit Kund:innen einfacher. Ich musste erst lernen, dass diese oft Führung zu schätzen wissen.
  • Damit einher geht: Ich möchte meinen Tagesablauf individuell bestimmen können. Ob ich an einem Tag viel oder wenig arbeite, früh oder spät aufstehe, vormittags zur Einschulung meines Kindes gehe, nachmittags ein Eis mit den Kindern esse, bei schönem Wetter mit dem Hund in den Taunus fliehe… Solange ich die Dinge gut unter einen Hut bekomme, möchte ich mich nicht durch Präsenz- und Telefonzeiten knebeln lassen. Dank der Digitalisierung, die wir mit Corona gelernt haben, sind dabei viele Dinge einfacher geworden, wofür ich sehr dankbar bin. Und klar ist auch: Meine Flexibilität soll nicht zu Lasten anderer gehen (das wäre ja sonst wieder ein „Entweder-Oder“). Wenn Mitarbeiter:innen, Freund:innen oder Familie Informationen, Entscheidungen oder Zeit von mir brauchen, bin ich eigentlich immer erreichbar, auf den verschiedensten Kanälen. Manche empfinden diese Erreichbarkeit als Belastung. Ich empfinde sie als Freiheit. Deshalb freue ich mich auch darauf, dass ich in den nächsten zwei Wochen auch während des Urlaubs grundsätzlich erreichbar bin. Wenn ich entscheide, das Telefon einzuschalten oder meine Mails zu checken.

 

Mir ist bewusst, dass nicht alle die gleichen Wünsche und Prioritäten haben wie ich. Das ist ja total in Ordnung und soll so sein. Dabei wünsche ich allen die Eigenverantwortung, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich mit Menschen zu umgeben, die ihnen auf diesem Weg gut tun.

 

Damit ich so leben kann, wie ich es mir vorstelle, benötige auch ich ein Umfeld, das mir dies ermöglicht. An der Stelle möchte ich zwei Liebeserklärungen loswerden, an meine Partnerin und meinen Partner. Die Zweideutigkeit in diesem Satz zeigt einmal mehr, wie eng Beruf und Privates bei mir verbunden ist. Mit meinem Partner Matthias teile ich mein Leben – und wir können nur so glücklich zusammen sein, weil wir es beide gut finden, dass im Leben des jeweils anderen die Arbeit so eine wichtige Rolle spielt. Wenn ich am Wochenende sage „Ich würde gerne noch ein Angebot schreiben“, dann sagt er „Wie cool, dann kann ich mich noch an ein Gutachten setzen“. Dafür kann es auch passieren, dass wir unter der Woche gemeinsam Reißaus nehmen und spontan das Leben zusammen genießen. Mit meiner Partnerin Marlene teile ich meine Firma – und wir können nur so gut zusammenarbeiten, weil wir es beide wichtig finden, dass die andere nicht nur gute Arbeit abliefert, sondern sich dabei als Mensch entfalten und glücklich sein kann. Wie oft haben wir uns wechselseitig nach Hause geschickt oder auf die Schrecken und Freuden des Lebens Tequila oder Eiskaffee zusammen getrunken. Als Menschen sind wir einfach wunderbar eng verbunden. Danke an Euch zwei – ohne Euch wäre alles nichts. Ich empfinde es als unglaubliches Glück, zwei so geniale und bereichernde Menschen in meinem Leben zu haben.

 

Erzählt mal, wie möchtet Ihr leben? Was macht Euch glücklich? Wie passen bei Euch Arbeit und Privatleben zusammen oder auch nicht? Mich würde es auch sehr interessieren, was aus Eurer Sicht Arbeitgeber tun können, um Arbeit und Privatleben gut in Einklang bringen zu können.

 

Eure Alex

Alexandra
Author: Alexandra

Alexandra ist unser analytisches Ass und erfasst schnell das große Ganze mit allen komplexen Schnittstellen. Dabei versorgt uns die herzliche Frohnatur immer mit frischen und pragmatischen Ideen. Ihren beruflichen Alltag managt die Mutter von zwei Kindern und dem süßesten Hund der Welt mit einem ausgeklügelten Aufgabenmanagement und viel Humor.

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