Interview mit Chris Kielhorn vom Kaffeehändler COFFEE UP!
2. März 2019
Marlene Haas
„Mit dem Segelschiff sparen wir 90% der Transportemissionen unseres Projektkaffees“ – im Gespräch mit Chris Kielhorn vom Frankfurter Kaffee-Start-Up COFFEE UP!
Morgens kann ich nicht ohne Kaffee. Dass ich Kaffeebohnen nicht in meinem Garten pflanzen kann, ist mir schon klar. Aber welche Wege hat mein Kaffee schon hinter sich? Gibt es da Unterschiede? Ich spreche mit Chris von COFFEE UP! über die Wege, die ihr Kaffee zurücklegt. Was ist denn ausschlaggebend? Chris erklärt: „Der Weg des Kaffeetransports ist das Ausschlaggebende. Der Weg vom Hafen zur Rösterei ist vernachlässigbar. Aber wir können den Kaffee nicht einfach nach der kürzesten Entfernung des Herkunftslandes beziehen, denn jedes Land hat andere klimatische und geologische Bedingungen. Diese beeinflussen die Aromen der Kaffeebohnen. Wir möchten unseren Kunden ja unterschiedliche Aromen aus den Top-Anbauländern unserer Erde anbieten können. Deshalb kommen unsere Bohnen aus Peru, Brasilien, Mexiko, Uganda, Äthiopien, Honduras, Kolumbien und Tansania“. Das leuchtet mir ein. Ich verstehe allerdings noch nicht, wie die der Weg der konkreten Verarbeitung aussieht.
Von der Kaffeeplantage in Peru mit dem Containerschiff durch den Panamakanal nach Hamburg, per LKW zu Röstereien in Europa und weiter als Kapselkaffee zu uns
Chris zeichnet den Weg seines Kaffees nach: „Von der Kaffeeplantage werden die Bohnen zum Hafen gebracht. Das sind in Peru beispielsweise ca. 500km von der Plantage bis zum Hafen in Callao bei Lima. Von dort aus werden die Bohnen mit dem Containerschiff durch den Panamakanal zum Bestimmungshafen geschippert. Das ist in Deutschland meistens Hamburg, sprich ca. 8.527nmi bzw. 15.729km. Von Hamburg aus fahren die Bohnen per LKW zur Rösterei in Europa, in unserem Fall ca. 600 km nach Nürnberg, werden dort gemahlen und kommen dann als Kapselkaffee zu uns. Wir sind ein Onlinemarktplatz und verschicken den Kaffee dann via DHL zum Kunden.“ Moment, als Kapseln? Ich frage mich, warum Kaffee in Kapseln aufgebrüht werden muss und wo die Rohstoffe der Kapseln denn dann wieder herkommen. Ich weiß, dass der Alltag vieler Menschen hektisch geworden ist und sie deshalb immer mehr Wert auf Bequemlichkeit und Schnelligkeit legen. Die liebevolle Pflege einer Kaffeemaschine ist den meisten zu kompliziert und aufwändig. Aber wenn die Nachfrage nach Kapselkaffee so hoch ist und wir diesen Trend mit Sensibilisierung auch nicht aufheben können, dann freue ich mich, dass es Alternativen gibt, bei denen die Kaffeekapseln nicht aus Alu sind und die Umwelt unnötig belasten.
Biologisch abbaubare Kapseln vom Frankfurter Online Händler nach ganz Deutschland
Chris erklärt: „Alle unsere Kapseln sind deshalb biologisch abbaubar und basieren nicht auf Erdöl, sondern auf Maisstärke und/oder Rohzucker. Die Kapseln zersetzen sich in Kontakt mit Mikroorganismen nach ca. 3 – 18 Monaten, abhängig von der Verrottungsumgebung.“ Cool. „Und wo kommen die Maisstärke und der Rohzucker her?“ frage ich nach. „Aus Übersee. Aber die dafür verwendeten Anbauflächen sind so gering, dass es keine Auswirkungen auf nötige Nahrungsproduktion hat.“
Ich denke wieder an die Containerschiffe, von denen Chris gesprochen hat. „Wie umweltbelastend sind denn Containerschiffe? Ich habe neulich einen Artikel über die verheerende Ökobilanz von Kreuzfahrtschiffen gelesen… Aber auch, dass Reedereien sich um Innovationen für Umweltfreundlichkeit bemühen. (mehr hier: //www.zeit.de/2015/31/kreuzfahrten-umweltverschmutzung-oeko-gruen-nachhaltigkeit) Ich frage Chris, ob sich da beim Kaffeetransport was tut. „Da tut sich auf jeden Fall etwas! Wir haben beispielsweise unseren Projektkaffee, der mit dem Segelschiff über das Meer transportiert wird.
Mit dem Segelschiff übers Meer spart 90 % der Emissionen
Dadurch sparen wir 90% der Transportemissionen ein und ein Teil der Erlöse fließt an ein Baumpflanzungsprojekt in Nicaragua. Da sind wir schon mächtig stolz drauf!“ Das ist ja cool! Kaffeebohnen per Segelschiff. Das erinnert mich daran, dass es einen Rum gibt, der aus Umweltschutzgründen acht Monate per Segelschiff transportiert wird und gleichzeitig von der langen Seereise durch die verschiedenen Klimazonen profitiert. (mehr hier: //www.alkoblog.de/avontuur-sailed-rum/)
„Liegt darin die Zukunft?“ frage ich Chris. „Da muss noch viel passieren, denn im Moment sind die Transportkosten per Segelschiff noch acht mal höher als konventionell. Das können wir uns für die Masse der Bohnen nicht leisten, denn die Zahlungsbereitschaft bei den Kunden ist nicht da. Aber wer weiß, vielleicht wird dieser Transportweg durch Forschung ja noch effizienter. Das wäre toll!“
Bildnachweise: Coffee-Up! GmbH
Marlene führt gemeinsam mit Alexandra die Geschäfte der Lust auf besser leben gGmbH, die sie 2014 gegründet hat. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind nachhaltige Quartiers- und Regionalentwicklung sowie die Konzeption und Umsetzung von innovativen Projekten, Kampagnen und Events.
Unsere lebenslustige Powerfrau Marlene liebt das Netzwerken ebenso wie die kreative Entwicklung neuer Konzepte. Ob analog oder im Social Web: Hauptsache sie erreichen und begeistern Verbraucher:innen und andere Zielgruppen für Nachhaltigkeit.
Die Arbeit mit Kleinunternehmen und deren Förderung im Bereich nachhaltiges Wirtschaften sind seit 2014 ihre besonderen Anliegen – damals wurde sie zur jüngsten (ehrenamtlichen) Vizepräsidentin Deutschlands in der IHK Frankfurt am Main gewählt und baute das dortige Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit auf. Mit Lust auf besser leben als „good Lobby“ zu agieren oder über knackige Texte die Öffentlichkeit für Nachhaltigkeitsziele zu begeistern ist mittlerweile das Steckenpferd der frisch gebackenen Mutter.
Als gelernte Veranstaltungskauffrau scheut sie sich nicht anzupacken. Die Denke „Das haben wir schon immer so gemacht!“ ist ihr völlig fremd, sie handelt gerne unkonventionell – und liebt gleichwohl die beinahe diktatorische Nutzung von Ablagesystemen und Aufgaben-Tools. Des Weiteren ist sie ehrenamtliche Aufsichtsrätin der OEKOGENO SWH eG, Steuerungsgruppenmitglied bei Fairtrade-Stadt Frankfurt und Rhein.Main.Fair. sowie im Beirat des kommunalen BNE-Vereins Umweltlernen Frankfurt e.V. und im Expert*Board des Zero Waste Labs der FES.