Hinter jeder starken Frau, steht ein:e starke:r Partner:in – mindestens – Team Insight

VERÖFFENTLICHT

24. Februar 2022

ÜBER DEN AUTOR
Marlene Haas
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Neulich bei Lust auf besser Leben…

Während ich jeden Morgen mit dem Jobrad von Frankfurt-Fechenheim nach Bornheim cruise, habe ich 25 Minuten Zeit nachzudenken – mal von der Zeit abgesehen, in der ich mich über Autofahrende aufrege, nur um dann wieder zu versuchen, es gelassener zu nehmen…

Ein Großteil der Strecke zwischen Kita und Büro ist laute, hektische, stinkende Industrie-Straße, die sich meiner Meinung nach nicht Fahrradweg nennen dürfte. Jedoch komme ich auch täglich in den Genuss, durch den Riederwald fahren zu dürfen – herrlich. Dabei gehe ich meist vor meinem geistigen Auge den Tag durch: Was steht heute an? Wie viele Stunden habe ich für die Arbeit? Wann möchte ich spätestens Zuhause sein, um noch genug Energie – haha – für die Familie zu haben?

Dass ich mir diese Fragen überhaupt stellen kann, liegt daran, dass unser Familienmanagement paritätisch verteilt ist. Das kenne ich auch anders: Als ich klein war, hat meine Mama mich jeden Nachmittag von der Kita abgeholt, meist gehetzt, weil ich die Einrichtung wirklich überhaupt nicht mochte und sie deshalb gefühlt immer zu spät dran war.

Care-Arbeit früher im Vergleich zu heute

Dabei leben meine Eltern ansich sehr gleichberechtigt. Aber in den 90ern war das Gehalt einer Frau eben im Schnitt noch viel geringer, als das ihres Mannes. Aus mehr oder weniger pragmatischen Gründen mit dem Ziel eines monetär sorgenfreien Lebens hat deshalb meine Mama mehr „Care-Arbeit“ gemacht. Aber es war wiederholt Diskussionsthema und das hat mich natürlich geprägt.

Heute ist es bei uns überhaupt keine Frage, dass wir ein möglichst gleichberechtigtes Modell versuchen. Wir verdienen gleich – wobei es als Unternehmerin nunmal immer ein anderer Arbeitskontext ist und bleiben wird, als bei einem sozialversicherungspflichtig angestellten Elternteil.

Bei uns sind die Fragen eher:

„Wie sind Deine Termine heute? Holst Du ihn ab?“

„Prima, dann komme ich so um 18:00 Uhr nach Hause…“

Um 18:15 Uhr dann weiß ich, dass die letzte Mail nicht mehr hätte sein müssen und dass ich unsere Absprachen manchmal doch zu sehr ausreize, aber sei’s drum.

Gleiche Gespräche belausche ich bei meinen Kolleginnen. Bei dieser hybriden Rollenverteilung kann es passieren, dass das Kind in der Kita vergessen wird („Ich dachte, Du holst ihn heute….“), aber bisher kam das nur einmal fast vor. Und da Finn die Kita liebt, ist die Situation deutlich entspannter als bei mir damals.

Was ich damit beschreiben möchte, ist, dass der verstaubte Spruch „Hinter jedem starken Mann, steht eine starke Frau“ noch immer zutrifft, nur eben im 21. Jahrhundert für beide Elternteile – immer häufiger zumindest. Klar bewege ich mich in einer Blase, aber ich bin hier nicht allein. Klar ist auch, dass die Frauen in den ersten Jahren zeitlich mehr beansprucht werden, allein schon wenn sie stillen. Das fällt mir bis heute schwer zu akzeptieren. Doch dieses Privileg hat ja auch Vorteile.

Ein ganzes Dorf erzieht ein Kind

Zumindest hinter mir stehen in Summe zwei Männer, eine Oma, Uroma und Patentante. Nicht zu vergessen meine Kolleginnen, mit denen ich Vertretungs-Ping-Pong spielen kann und einfach ein Gefühl von Solidarität durch den oft eng getakteten Alltag hilft. Deshalb finde ich den Spruch, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind großzuziehen, so schön. Gleichzeitig ist er so wenig repräsentativ für unsere westliche Erziehungs-Denke.

Vor allem ohne den Opa, das ist klarer als Kloßbrühe, würden wir beide in Zeiten von pandemiebedingten Kita-Schließungen und flexiblen Meeting-Zeiten wohl bald irre werden. Danke dafür also.

Und vielleicht heißt es ja bald: Hinter jeder starken Persönlichkeit, steht ein ganzes Netzwerk an starken Menschen. Denn das Geschlecht spielt hoffentlich bei der Aufgabenverteilung immer weniger eine Rolle.

Cheers,

Marlene

 

Marlene Haas
Author: Marlene Haas

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