Geld ist Liebe!? Über die Wege des Geldes im Interview mit der GLS Bank

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13. April 2019

ÜBER DEN AUTOR
Marlene Haas
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„Menschen geben Geld erst seinen Wert“ – Ein Gespräch mit Jan Köpper von der GLS Gemeinschaftsbank e.G. über Geld als Liebe, Vertrauen und Anerkennung

Wir haben bei Jan Köpper, dem Leiter für „Wirkungstransparenz und Nachhaltigkeit“ bei der GLS Gemeinschaftsbank nachgefragt, ob man bei Geld überhaupt von Wegen sprechen kann. Beschränken sich die Wege des Geldes darauf, wie viele Kilometer ich es im Portemonnaie durch die Gegend schleppe? „Man kann bei Geld auf jeden Fall von Wegen sprechen. Aus unserer Sicht bewegt sich Geld in Kreisläufen und schlägt dabei immer wieder neue Wege ein, changiert permanent die Form und Farbe.

Geld kann die Farbe wechseln und arbeitet in Kreisläufen – von schwarz-rot zu grün

Es kann zum Beispiel schwarz-rot gewesen sein, weil es von einem Unternehmen mit fragwürdigen Geschäften verdient wurde, aber dieses Unternehmen schenkt einen Teil vielleicht in eine gemeinnützige Stiftung, sodass das Geld grün wird. Dann kann es über den Kreislauf zu jemandem kommen, der es in seinem Alltag verwendet, wo es vielleicht wieder rot wird, weil damit ein günstiges T-Shirt gekauft wird, das unter Missachtung der Menschenrechte produziert wurde. Aber vielleicht bleibt es auch grün, weil damit nachhaltig konsumiert wird.“

Wo ich kaufe, anerkenne ich – wir kaufen, leihen, schenken

Das ist ein interessanter Aspekt. Das heißt, Geld wird eigentlich von Menschen erst zu dem gemacht, was es ist und werden kann? „Richtig!“ bekräftigt Jan Köpper. „Für uns drückt Geld bestimmte Beziehungsformen aus, die ihm dann erst seinen Wert verleihen. Das Gedicht ‚Geld ist Liebe‘ von Fabian Roschka und Philipp Tok drückt den Gedanken gut aus: ‚Wo ich schenke, liebe ich. Wo ich leihe, vertraue ich. Wo ich kaufe, anerkenne ich.‘“ Ich hake nach: „Und spiegelt sich dieser Gedanke im Kerngeschäft Ihrer Bank wieder?“ Man merkt, dass er sich über diese Fragen viele Gedanken gemacht hat und dass seine Antworten die Kultur des Gesamtunternehmens repräsentieren: „Das bildet sogar die Grundlage unseres gesamten Unternehmens. Wir kaufen, leihen und schenken. Mit dem Anlagevermögen unserer Kunden kaufen wir beispielsweise Aktien von Unternehmen, deren Art des Wirtschaftens wir anerkennen möchten, mit dem Ziel, eine grüne Rendite für unsere Kunden zu erwirtschaften. Aber wir leihen uns auch von unseren Kunden Geld aus – das nennt man Einlagevermögen, z.B. in Form von Sparbriefen oder Geschäftsguthaben in Form von Mitgliedschaftsanteilen. Unsere Kunden vertrauen uns, dass wir dieses Geld sinnvoll weiterverleihen, indem wir Kredite vergeben. Uns ist es dabei wichtig, dass durch das Weiterverleihen eine möglichst große sozial-ökologische Wirkung entsteht.

„Kurze Wege“ Finanzierungen – Geld leihen mit Wirkung in Deutschland

Deshalb sind uns unsere Anlage- und Finanzierungsgrundsätze sehr wichtig. Wir sind bei Finanzierungen nur in Deutschland tätig und nur in positiven Branchen, z.B. in ‚erneuerbaren Energien‘, ‚Bildung und Kultur‘ oder ‚Soziales und Gesundheit‘.“ „Aber sagen das nicht alle Banken und investieren dann in die Kohleindustrie oder windige Immobilienprojekte?“ frage ich nach. „Das mag sein, aber unsere Grundsätze definieren glasklar Ausschlusskriterien und Positivkriterien, wer von uns wofür Geld bekommt und wer nicht. Und wir legen sehr transparent die Wege unseres Geldes offen, sodass man uns jederzeit kontrollieren und festnageln kann.“

Ich entscheide mit meinem Konto, welchen Weg das Geld geht

Mir war tatsächlich vorher nicht so bewusst, dass mein Sparbrief bei der Bank so unterschiedlich wirken kann und dass ich mit der Wahl meiner Bank entscheide, welchen Weg mein Geld geht.

Illustration von der Community-Plattform „Futopolis“ | Copyright: annikahuskamp.com

Ich frage nach: „Sie sagten, Leihen ist Vertrauen. Sollte eine Bank ihre Kredite wirklich auf Vertrauen basieren?“ Jan Köpper schmunzelt. „Es gibt natürlich Grenzen des Vertrauens und da hilft uns manchmal die Regulatorik, in welchem Rahmen wir uns gesetzlich bewegen dürfen. Aber grundsätzlich sagte unser Gründungsvater, dass gute Kredite auf der Parkbank vergeben werden. Geld benötigt Vertrauen und menschliche Bindung, deshalb vergeben wir Kredite nur in Deutschland an Partner, deren Pläne wir gut kennen und denen wir vertrauen.“ Das klingt für mich alles total großartig. Ich würde mich sehr wohl damit fühlen, mein Geld einer Bank anzuvertrauen, von der ich weiß, dass sie damit keinen Schabernack treibt. Aber ich möchte ja auch nicht die Dumme sein, die aus ihrem Geld keine ordentliche Rendite erzielt. Deshalb hake ich noch mal nach: „Es herrscht das Vorurteil, dass man mit nachhaltigen Investitionen kein Geld verdienen werden kann, weil die Rendite ja gerade deshalb erwirtschaftet wird, weil sie zu Lasten von Mensch und Natur geht. Stimmt das?“

Nachhaltige Geldanlagen sichern realen Mehrwert in der Zukunft

Jan Köpper erwidert: „Natürlich kann mit nachhaltigen Investitionen Rendite erzielt werden. Aus unserer Sicht kann gerade mit nachhaltigen Investitionen dauerhaft Geld verdient werden, weil sie darauf ausgerichtet sind, einen realen Mehrwert sowohl im Jetzt als auch in der Zukunft sicherzustellen und dabei eine gesamtheitlichere Perspektive einnehmen. Aber was schon auch stimmt: Wenn wir lokal und vor Ort mit unserem Geld wirken wollen, dann gehen wir zum Teil höhere Risiken ein als andere Banken, weil wir Ideen finanzieren, mit denen neue Wege gegangen werden. Aber genau aus dem Grund ist uns die enge Beziehung zu unseren Kreditnehmer*innen wichtig, damit wir die Risiken möglichst gut einschätzen können.“ Ich komme zurück auf die drei Geldqualitäten, mit denen wir das Gespräch begonnen haben. „Was ist denn mit der dritten Dimension, dem Schenken? Manchmal gibt es ja auch Projekte, aus denen keine monetäre Rendite zu erwarten ist, aber die Menschen benötigen das Geld trotzdem dringend. Verschenkt die GLS Bank auch Geld?“

Geld ist Liebe

Er erklärt: „Wir selbst haben kein Geld, das wir verschenken können. Aber die Dachstiftung für individuelles Schenken der GLS Treuhand bietet unseren Kunden einen gemeinsamen Rahmen für einzelne individuelle Schenkungen und Stiftungsfonds. Hier kann mit kleinem Verwaltungsaufwand z.B. eine Art „kleine Stiftung“ gegründet werden. Das ist zweckmäßig, wenn die geplante Summe des Schenkungsgeldes zu gering und damit eine Stiftungsgründung nicht sinnvoll ist.“ Klingt wie eine runde Sachen. Geld ist Liebe.

Marlene Haas
Author: Marlene Haas

Marlene führt gemeinsam mit Alexandra die Geschäfte der Lust auf besser leben gGmbH, die sie 2014 gegründet hat. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind nachhaltige Quartiers- und Regionalentwicklung sowie die Konzeption und Umsetzung von innovativen Projekten, Kampagnen und Events. Unsere lebenslustige Powerfrau Marlene liebt das Netzwerken ebenso wie die kreative Entwicklung neuer Konzepte. Ob analog oder im Social Web: Hauptsache sie erreichen und begeistern Verbraucher:innen und andere Zielgruppen für Nachhaltigkeit. Die Arbeit mit Kleinunternehmen und deren Förderung im Bereich nachhaltiges Wirtschaften sind seit 2014 ihre besonderen Anliegen – damals wurde sie zur jüngsten (ehrenamtlichen) Vizepräsidentin Deutschlands in der IHK Frankfurt am Main gewählt und baute das dortige Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit auf. Mit Lust auf besser leben als „good Lobby“ zu agieren oder über knackige Texte die Öffentlichkeit für Nachhaltigkeitsziele zu begeistern ist mittlerweile das Steckenpferd der frisch gebackenen Mutter. Als gelernte Veranstaltungskauffrau scheut sie sich nicht anzupacken. Die Denke „Das haben wir schon immer so gemacht!“ ist ihr völlig fremd, sie handelt gerne unkonventionell – und liebt gleichwohl die beinahe diktatorische Nutzung von Ablagesystemen und Aufgaben-Tools. Des Weiteren ist sie ehrenamtliche Aufsichtsrätin der OEKOGENO SWH eG, Steuerungsgruppenmitglied bei Fairtrade-Stadt Frankfurt und Rhein.Main.Fair. sowie im Beirat des kommunalen BNE-Vereins Umweltlernen Frankfurt e.V. und im Expert*Board des Zero...

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