Die Geschwister Bovet von Betten Raab über die Wege des Lattenrosts, Holzbetten, deutsche Federn und Schlaf

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25. Mai 2019

ÜBER DEN AUTOR
Marlene Haas
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Bio-Schurwolle, Kamelhaar und Holzbetten – die beiden Bovets von Betten Raab berichten über die Wege ihrer Produkte

Im Bad Vilbeler Laden von „Betten Raab“ durchflutet das Tageslicht eine wahrliche Betten Oase, die von geblümten Kuscheldecken über schicke Bettwäsche hin zu Massivholzbetten und vertrauenserweckend aussehenden Matratzen alles zu bieten hat, was das Schlaf suchende Herz begehrt.

Ich treffe hier im Bad Vilbeler Laden Eva und Andreas Bovet, sie Geschäftsführerin des Familienbetriebs, er Leiter der Frankfurter Filiale auf der Schillerstrasse. Dass Nachhaltigkeit bei beiden ein Thema ist, erkennt man schon auf den ersten Blick im Geschäft. Doch was hat es mit den Wegen auf sich?

„Für uns ist es wichtig zu erfahren, was der Kunde möchte, was wird verlangt und wo können wir es sinnvoll bestellen. Eher nicht aus China, aber preislich so interessant, dass sich unsere Kunden am Ende noch wohl damit fühlen“, erzählt Andreas Bovet.

Generell achtet das Unternehmen auf FSC Zertifikate von Herstellern, die in Europa produzieren. Bei der Daunenverarbeitung zum Beispiel arbeiten sie mit einem Betrieb zusammen, der die Abwässer von den gewaschenen Federn aufhebt für die nächste Fuhre.

Das spart Wasser und in dem Fall auch Wege, da sie aus Prinzip – betont Eva als vegane Geschäftsfrau – die Federn und Daunen meist aus Deutschland beziehen von einem Händler, der von Bauernhof zu Bauernhof fährt.

Deutsche Gänsefedern und Schweizer Schafwolle – die vegane Geschäftsfrau erklärt die Wege

Viele würden damit werben, für die Bovets aber ist es selbstverständlich.

Eva Bovet erklärt: „Gänsefedern entstehen als Nebenprodukt des Fleischkonsums, wir kaufen die Federn lose und füllen sie dann in die Bezüge um – mit einer eigenen Maschine. Wie bei unserer Haut oder beim Haar auch sieht man, ob die Feder ausgereift ist, also ob das Tier gut gehalten wurde und gesund war. Und unsere Kunden fragen nach Federnherkunft, das hilft uns, den Preis zu rechtfertigen, denn hochwertige Federn kosten mehr.“

Doch bei „Betten Raab“ gibt es mehr als Daunenbetten. Ihr Zulieferer für die Schurwolle kommt aus der Schweiz. Die Schafe dort festigen zudem die Berge, weil sie höher laufen können als ihre „muhenden“ Kollegen (Kühe) – so wird mit der Wollproduktion zudem ein Ökosystem erhalten. Doch es sind kleine Herden aus Genossenschaften ohne Siegel.

„Das müssen wir den Kunden kommunizieren“, erklärt Andreas. „Wobei das Produkt mittlerweile auch mit ‚Bio-Schurwolle‘ gekennzeichnet ist. Von weiter weg kommt natürlich die Kamelhaardecke. Traumina, ein mittelständischer Familienbetrieb aus Südbaden, fährt in die Herkunftsländer, guckt sich das Kamelhaar vor Ort an und fertigt dann in Deutschland.“

Wer eine Kamelhaardecke bei Betten Raab kauft, kann sie dann in einer ökologischen Wäscherei in Bayern reinigen lassen.

Die meisten Produkte kommen von inhabergeführten Unternehmen, so nah wie es geht, Doch es gibt durchaus Produkte aus Fernost, die die Kunden nachfragen.  „Fatboy“-Produkte hergestellt in China sind so ein Beispiel, berichtet Eva.

Doch weiter geht es im Bettenland: „Bei körpernahen Produkten, also zum Beispiel bei Matratzen, ist es den Kunden wichtiger, wo die Materialien herkommen. Hier gibt es Naturlatexmatratzen aus Costa Rica zum Beispiel. Die ‚normalen‘ Matratzen aus Schaum sind Erdöl-basiert, einige Schäume werden in Österreich produziert, Tempur in Dänemark“, sagt Eva.

Das Erdöl jedoch kommt meist aus der Ferne, wie wir gelernt haben. Das Erdöl jedoch kommt meist aus der Ferne, wie wir gelernt haben.

Auch auf Langlebigkeit und Stoffkreisläufe kommt es an

Bei den Wegen gilt es aber, wie wir gelernt haben, nicht nur nach der Materialherkunft zu schauen, sondern auch nach Langlebigkeit und Wiederverwendbarkeit.

Viele günstige Matratzen sind nämlich nach einem Jahr Schrott, wodurch schneller eine neue Matratze gekauft werden „muss“. Bei Betten Raab wird nachhaltig beraten, die Produkte sollen ihre angedachte Lebenszeit auch erreichen und nicht verfrüht entsorgt werden müssen.

Um diese Qualität zu erreichen, arbeitet das Familienunternehmen unter anderem mit einem Hersteller aus Gross- Gerau zusammen. Dieser wiederum hat hauptsächlich Zulieferer aus Deutschland. Auch hier gilt das möglichst Kurze- Wege- Prinzip; der Weg zwischen Bad Vilbel und Gross- Gerau ist nicht weit und durch die Nähe entsteht eine Flexibilität, die am Ende den Kunden zu Gute kommt.

Sägewerke aus der Nachbarschaft

Der Lattenrost ist bei „Betten Raab“ zu 70 % aus Holz – Plastik-, Gummi- und Schraubteile nicht eingerechnet. Hier wissen die beiden auf Anhieb, was es in puncto „Wege“ damit auf sich hat: „Wir arbeiten mit Röwa aus der Nähe von Stuttgart zusammen. Die Firma kauft Holz aus 50 Kilometern Umkreis aus Buchenholz-Mischwäldern.

Das muss man ca. ein Jahr vorher bestellen, in der Regel im Dezember/Januar. Dann wird es aufgeschnitten, damit es nicht verfärbt. In dieser Region würden die Sägewerke nur drei Monate laufen, wenn es nur die Rostproduktion gäbe. Doch in der Nachbarschaft dort gibt es viele Handwerker, die Parkettböden herstellen, also Eichen sägen, die zu einer anderen Jahreszeit gefällt werden, so dass das Sägewerk eine höhere Auslastung hat und sich somit halten kann.

Übrigens haben die dann auch Holzdübel. Die sind so getrocknet, dass man fast keinen Kleber braucht, weil der Dübel in Nutzung wieder etwas aufquillt durch die Umgebungsfeuchtigkeit.“

Verrückt, denke ich, wie man dann doch im wahrsten Sinne vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt.

Ein weiterer Punkt, um Wege zu sparen sei der allgemeine Trend nach „rustikalem Stil“, so dass Astlöcher mittlerweile nicht mehr zu Ausschuss führen. Dadurch wird in der Möbelherstellung mehr Holz benutzt, das Produkt wird günstiger.

Weitere Wege bei Garn und Bettwäsche

Bei der Bettwäsche sind dann die Wege doch etwas diffiziler, wie wir es aus dem Textilbereich schon erfahren haben. Hier versuchen die beiden, auf europäische Produktion zurückzugreifen – viel kommt aber auch aus Ägypten und der Türkei.

Beim Garn ist der Hauptlieferant in Pakistan. Hier erzählt Andras Bovet: „Hier konnte man sehen, was der Druck von Mitarbeitenden bewirken kann. Es gab dort viele missgebildete Kinder durch die hohe Pestizidbelastung der Felder. Das brachte die Frauen auf die Barrikade, so dass letztendlich auf Bio Baumwolle umgestellt wurde.“

Eva ergänzt: „Global betrachtet ist es ja egal, wo die Umwelt zerstört wird, deshalb ist es uns wichtig, unseren Gestaltungsspielraum zu nutzen. Als Händler können wir die Nachfrage der Lieferanten zu nachhaltigen Standards steigern, so wie Kunden das auch tun sollten. Und warum sollten wir mit dieser Perspektive ein Produkt, das auch hier produziert wird, aus China beziehen? Das macht aus transportökologischen Gründen einfach keinen Sinn!“

CO2-Kompensation ist bisher noch kein Thema für Betten Raab, allerdings liefern sie die Betten selbst zum Kunden und planen die Touren – nicht zuletzt auch aus Kostengründen – so effizient wie möglich. Ein neuer Elektro- Transporter wäre Evas ganzer Stolz, allerdings mangele es an Lade-Infrastruktur, der Vermieter sagt, dass sich eine Station nicht lohnt.

Was sie dabei noch nachdenklich stimmt, ist das Thema Batterien. Hier bräuchte es ein Pfandsystem, sinniert Bovet.

Kurze Wege sind gesparte Wege

Für Bovets bedeuten „kurze Wege“, diese zu sparen. So haben sie eine eigene Daunen- und Federverarbeitung im Haus. Es gäbe noch so vieles zu erzählen, doch eine Sache möchte ich noch wissen: was macht euch stolz?

Sie gucken sich an und sprechen über ihre Philosophie, den Kunden zu beraten, um gut und gesund schlafen zu können. Wenn das Problem dabei nur ein falsch eingestellter Lattenrost sei, müssen wir keine neue Matratze verkaufen. Lieber kein Geschäft und dafür ein bleibender Eindruck, so dass der Kunde bei Bedarf wieder auf uns zurückkommt.

Ein weiterer Punkt ist das „Atelier“, das sie sich hinter der Ladenfläche in Bad Vilbel eingerichtet haben. So nennen die beiden es und wir gehen direkt gucken. Es eröffnet sich eine Art Werkstatt mit verschiedenen, beeindruckenden Maschinen und Federn.

Hier reinigen sie Bettfedern und zwar so, dass das wichtige Fett bei der Reinigung nicht entfernt wird. Per Hand werden Kissen und Decken entleert, die Reinigungsmaschine reinigt dann umweltschonend mit UV-Licht und heißem Dampf – energiesparend ganz ohne Trockner, damit das Gewebe nicht dichter wird und die Luft weiter zirkulieren kann.

Auf Getreide schlafen?

Ein anderes Regal lässt mich auf einen Sack voll mit Dinkel schauen, wer keine Daunen mag, kann auch auf Getreide schlafen… Diese Kreativität und Bedacht im Umgang mit den Kunden ist es, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt – inspiriert vom Wunsch, gesunden Schlaf und eine gesunde Umwelt zu ermöglichen.

„Wir hören ja auch nie auf zu lernen,“ Schließen die beiden das Gespräch, und ich denke, dass das wohl auch für uns gilt.

 

 

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  • So fing alles an
  • Natürliche Kissenfüllung gewünscht?
  • Oder doch mit Federn von deutschen Gänsen?
  • Dinkel tut es auch...
  • Die eigene Maschine im Geschäft zum Füllen
  • Mit der Hand zum neuen Bettzeug
  • So werden die Kissen in Bad Vilbel gefüllt
  • Auch Daunendecken können angepasst und müssen nicht weggeworfen werden.
  • Ein bisschen
  • Eva Bovet ist Geschäftsführerin von Betten Raab
  • Andreas Bovet an der Nähmaschine
  • Eine gerade Wirbelsäule ist wichtig für gesunden Schlaf
  • Wer will schon auf Tropenholz schlafen?
  • Die Qual der Wahl
  • So war das Interview mit den beiden Experten Bovet von Betten Raab
  • Betten Raab mit der eigenen Produktion
  • So fing alles an
  • Natürliche Kissenfüllung gewünscht?
  • Oder doch mit Federn von deutschen Gänsen?
  • Dinkel tut es auch...
  • Die eigene Maschine im Geschäft zum Füllen
  • Mit der Hand zum neuen Bettzeug
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  • Ein bisschen
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  • Andreas Bovet an der Nähmaschine
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  • So war das Interview mit den beiden Experten Bovet von Betten Raab
  • Betten Raab mit der eigenen Produktion

 

Marlene Haas
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