Im Gespräch mit der Air Cargo Community Frankfurt über verschiedene Reisemittel und deren Umweltauswirkungen

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4. Mai 2019

ÜBER DEN AUTOR
Marlene Haas
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Ich spreche mit Joachim von Winning, Geschäftsführer der Air Cargo Community Frankfurt e.V., über die verschiedenen Reisemittel und deren Umweltauswirkungen…

„Jeder Transport hat immer eine Umweltauswirkung – egal mit welchem Verkehrsmittel wir uns bewegen.“, so Joachim von Winning, Geschäftsführer der Air Cargo Community Frankfurt e.V.. Wenn wir reisen, müssen wir uns darüber bewusst sein, dass die Wege eine Umweltauswirkung haben. Aber welche? Ist das Flugzeug per se schlimm und die Bahn gut? Kann ich jetzt gar nicht mehr in fremde Länder reisen und andere Kulturen kennenlernen? Was ist mit den ganzen Geschäftsleuten, die ständig von A nach B fliegen, um Geschäfte in anderen Ländern zu machen?

Kulturen kennenlernen vs. Klimaschutz?

In dem Gespräch mit Joachim von Winning bekommt das Reisen für mich eine andere Dimension: Reisen ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern hat auch andere (sogar positive) Wirkungen. Mobilität und Reisen bedeuten Freiheit und Freiheit ist ein Grundrecht. Wenn wir reisen, erfüllen wir einen Zweck damit, und dieser hat oft positive Auswirkungen: ob es eine Erholungsreise ist oder eine Reise, um andere Kulturen kennenzulernen. Dadurch können – weit gesponnen – Kriege verhindert werden und diese haben eine enorm (negative) Umweltauswirkung. Aber auch eine Geschäftsreise hat seine Daseinsberechtigung: Wir leben in einer globalisierten Welt und dazu sind manchmal Reisen in andere Länder notwendig, um internationale Verträge zu schließen.

Verschiedene Reisemittel – unterschiedliche Umweltauswirkungen

Natürlich ist es für die Umwelt das Beste, wenn wir zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren. Wenn wir aber in den Urlaub fahren wollen, geht das für gewöhnlich nicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Deshalb spreche ich mit Joachim von Winning über die unterschiedlichen Reisemittel, die uns für Reisen zur Verfügung stehen. Der Geschäftsführer von der Air Cargo Communitiy Frankfurt e.V. stellt zunächst klar, dass es immer besser ist, sich mit Massenverkehrsmitteln fortzubewegen. Massenverkehrsmittel sind Bus und Bahn, aber auch das Flugzeug. Joachim von Winning erklärt mir, dass all diese Verkehrsmittel trotzdem mit CO2-Emissionen und anderen externen Kosten zu kämpfen haben.

Ist Bahnfahren nachhaltiger als Fliegen?

Mir liegt eine Frage besonders auf dem Herzen: Nämlich ob Bahn fahren wirklich umweltfreundlicher ist als Fliegen? Ganz so einfach sei die Frage nicht zu beantworten, sagt Joachim von Winning, denn es gibt sehr viele Effekte, die dabei berücksichtigt werden müssen. Ich hake genauer nach: Oft werden nur die direkten Ausstöße durch das Fortbewegen selbst berücksichtigt. „Tatsächlich aber gibt es viele weitere Auswirkungen auf die Umwelt und auf den Menschen. Beispielsweise werden durch das Bauen von Zugstrecken Siedlungs- und Naturgebiete getrennt. Die Auswirkungen davon sind nicht berechenbar.

Außerdem zu berücksichtigen ist der Lärm, der durch die jeweiligen Verkehrsmittel entsteht“, erläutert Joachim von Winning. Ich denke über das Schienennetz und die Infrastruktur nach: Auch dafür müssen die Rohstoffe transportiert und beispielsweise Erdarbeiten vorgenommen werden. Ist es immer Ermessenssache jedes Einzelnen und abhängig von vielen Faktoren, inwiefern welches Reisemittel umweltfreundlicher ist als andere?! Sicher ist, so Joachim von Winning, bei kurzen Strecken ist die Bahn umweltfreundlicher als das Flugzeug.

Subventionen vom Staat?

Oft wird behauptet, dass der Luftverkehr stark subventioniert wird, da keine Steuern auf den Treibstoff Kerosin anfallen. Ich frage Joachim von Winning nach seiner Meinung. Zunächst erklärt er mir, dass der Luftverkehr innerhalb von Europa dem Zertifikatehandel unterliegt. Das bedeutet, dass die Fluggesellschaften Zertifikate für verbrauchte Treibstoffe kaufen müssen. Von den Geldern für die Zertifikate wird in anderen Zweigen investiert, in denen es einfacher ist, eine positive Klimawirkung zu erzielen.

Weiter rechtfertigt er das Nicht-Besteuern von Kerosin: „Außerdem hat der Luftverkehr sehr viele Kosten zu tragen, die beispielsweise der Schienenverkehr nicht zu tragen hat. Fluggesellschaften müssen zusätzlich zu den direkt anfallenden Kosten wie Treibstoff und Personal auch die Kosten für die Infrastruktur stemmen. Das sind zum Beispiel Kosten, die für die Luftsicherung und den Flughafen anfallen. Die Bahn muss Kosten für die Infrastruktur lediglich zu einem Teil tragen. Ein Beispiel für weitere Kosten, die der Luftverkehr selbst tragen muss, sind Gelder für den Lärmschutz und für die Luftverkehrssteuer.“

Schlechtes Gewissen, wenn ich eine Fernreise mache?

Ich habe nun verstanden, dass Reisen so oder so eine Umweltwirkung hat. Damit muss ich mich abfinden. Aber wie entscheide ich mich nun für den passenden Urlaub und das passende Reisemittel? Eine Fernreise oder in das schöne Rheingau? Im Alltag achte ich schon sehr auf meinen ökologischen Fußabdruck. Kann ich dann eine Fernreise überhaupt mit meinem Gewissen vereinbaren?

Ich frage Joachim von Winning, ob er mir helfen kann. „Wenn ich ein reines Klimagewissen haben möchte,“ so sagt er, „dann nein“. Denn je weiter man reist, desto mehr Klimaauswirkungen. Aber hier geht er noch einmal auf das Völkerverständnis ein und den interkulturellen Austausch. „Eine Fernreise hat eben nicht nur Umweltauswirkungen, sondern auch positive und wichtige andere Effekte.“ Steht die negative Umweltauswirkung des Flugverkehrs also im Spannungsfeld mit Frieden und Völkerverständigung?

Das leuchtet mir ein, allerdings möchte ich – wenn ich mich dann für eine weitere Reise entscheide – irgendetwas gegen mein schlechtes Gewissen machen.

Kompensation als Heilmittel für Klimaneutralität?

Der Geschäftsführer von Air Cargo Community Frankfurt e.V. erinnert mich an die Möglichkeit der Kompensation: „Auf den Webseiten der Fluggesellschaften – oft im Buchungsvorgang – hat man die Möglichkeit die Ausstöße des Fliegens zu kompensieren. Das bedeutet, dass von dem Geld, welches ich zusätzlich für den Flug zahle, in Klimaprojekte investiert wird.“ Hier recherchiere ich noch einmal nach. Der Begriff „klimaneutral“ ist nicht gesetzlich geschützt. Er signalisiert nur, dass das Unternehmen für dieses Produkt Ausgleichszahlungen tätigt. Ob also die Ausgleichszahlung über die Fluggesellschaft gut ist oder Augenwischerei hängt davon ab, wie seriös die CO2-Bilanzierung erfolgt.

Das Umweltbundesamt empfiehlt deshalb, zur Sicherstellung der Qualität auf den „Gold Standard“ zu achten. Diesen Standard wenden beispielsweise Kompensationsanbieter wie ‚atmosfair‘ oder ‚myClimate‘ – und das auch noch sehr bequem und schnell. Und ich wusste vorher auch nicht, dass ich meine Klimakompensation in der Steuererklärung als Spende absetzen kann! Cool.

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